Universität KonstanzExzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“

Neuerscheinung: Das Prinzip der Chimäre. Von Carlo Severi

20. Juni 2018

Cover

Eine Anthropologie des Gedächtnisses
Aus dem Französischen von Claudia Brede-Konersmann
Göttingen: Konstanz University Press 2018
(ethno|graphien, 4)
Zitation

Der Ursprung der Chimäre ist eine bahnbrechende Studie über die rituellen und bildlichen Überlieferungen derjenigen Völker, die aus der Perspektive einer westlichen Moderne vor allem als »schriftlos« angesehen wurden. Das Buch argumentiert gegen eine wirkmächtige Tradition, die das kulturelle Gedächtnis dieser Völker als ungeordnet und unbeständig einschätzt, weil es auf so flüchtige Medien wie Ornamente, Körperkunst und Masken angewiesen war. Aber wie unterscheiden sich solche Erinnerungsformen tatsächlich von den uns vertrauten?

Severis Buch entwirft nichts Geringeres als eine Anthropologie des Gedächtnisses und vermisst dabei die Grenzen zwischen oralen und Schriftkulturen gänzlich neu. In faszinierender Weise beschreibt es die Beziehungen zwischen dem narrativen und dem rituellen Sprechen in Gesellschaften, die sich auf das gesprochene Wort stützen und dabei das Erinnerungswürdige von dem unterscheiden, was dem Vergessen anheimzugeben ist. Indem es den Spuren dieser nicht-westlichen Gedächtniskunst folgt, erlaubt uns Severis Buch, auf neue Weise über das Wesen kultureller Unterschiede nachzudenken. Es gibt uns eine Möglichkeit der vergleichenden Untersuchung zurück, die längst verloren gegangen schien: Anthropologie, Geschichte und Ästhetik als Wissenschaften von Imagination und Gedächtnis so miteinander ins Gespräch zu bringen, dass wir mehr über unser Dasein in der Welt erfahren. (Verlag)

Der Anthropologe Carlo Severi, Ph.D. ist Professor an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales (EHESS) in Frankreich. Er ist bekannt für seine Forschung zur Anthropologie des Gedächtnisses, der Bilder und des rituellen Handelns.

Der Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ hat das Erscheinen dieses Buches gefördert.

Über die Reihe

Die Reihe „Ethnographien“ wird herausgegeben von Thomas G. Kirsch, Michael Neumann, Dorothea E. Schulz und Marcus Twellmann.

Die „Ethnographien“ verstehen sich als Forum einer philosophy out of doors (Tim Ingold), die dort, wo sie gelingt, Wahrnehmung und Erfahrung von Wirklichkeit mit ergebnisoffener Begriffsarbeit verbindet. Angesichts einer Gegenwart, die sich den hergebrachten Theorien und Methoden kaum mehr erschließt, ist diese Form der Erkundung und Darstellung an der Tagesordnung. Die Reihe versammelt vor allem international renommierte Ethnographien in deutscher Erstübersetzung.

„In der Beschäftigung mit ethnographischen Darstellungen sind neuartige, vielfach überraschende Einsichten in Prozesse der Formierung von Sozialität und in unterschiedliche Erscheinungsformen kultureller Alterität zu gewinnen; diesem Ziel verschreibt sich die Reihe.
Die Reihe „Ethnographien“ soll ein Ort sein, an dem sich anschauliche ethnographische Narration und avancierte Theorie verbinden. Sie soll ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die erzählerische Sichtbarmachung sozialer Ordnungen und kultureller Zusammenhänge unabdingbar für unser Verständnis einer Welt weitreichender Verflechtungen ist.“ (die Herausgeber/innen)