Schulterschluss zwischen Forschung und Lehre: Die Studiengänge des Exzellenzclusters
Von Katharina Brenner (Absolventin des Studiengangs Kulturelle Grundlagen Europas)

Diese Frage stellt man am besten Studierenden des Master-Studiengangs Kulturelle Grundlagen Europas und des Schwerpunkts International Administration and Conflict Management des Master-Studiengangs Politik- und Verwaltungswissenschaft. Ersterer wurde 2007 auf Initiative des Exzellenzclusters eingerichtet, und auch letzterer ist Teil des Clusters. Seit dem vergangenen Wintersemester wird mit Transkulturelle Geschichte und Anthropologie an der Universität Konstanz ein weiterer clusternaher Studiengang angeboten.
Studierende sammeln praktische Erfahrungen
„International Administration and Conflict Management – das war genau der Schwerpunkt, der mich interessiert hat. Das Programm ist einzigartig in Deutschland“, sagt Susi Hirscher. Sie studiert im vierten Fachsemester und schreibt derzeit ihre Masterarbeit. Auch europaweit ist es das einzige Studienangebot, das Ausbildungsinhalte der Konfliktforschung und der politikwissenschaftlichen Verwaltungsforschung zusammenführt. Der Schwerpunkt ist einer von vieren des Master-Studiengangs Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz. Rund 15 Studierende werden pro Jahr angenommen.
Hirscher gefallen an dem Programm vor allem die praktischen Bezüge. „Man lernt nicht nur, Konflikte zu verstehen, sondern auch, wie nach einem Konflikt wieder staatliche Strukturen aufgebaut werden.“ Neben umfangreichem theoretischen Wissen, das sich die Studierenden aneignen, sammeln sie wichtige praktische Erfahrungen. Hirscher nahm an Studienfahrten nach Genf und in den Kosovo teil – zwei Highlights ihres Studiums, wie sie sagt.
„In Genf besuchten wir internationale Organisationen, bei der Studienfahrt in den Kosovo konnten wir selbstständig Experteninterviews führen. Es war unglaublich interessant und aufschlussreich die internationale Verwaltung in der Praxis zu sehen“, sagt die 25-Jährige.
Mitfinanziert wurden die Exkursionen durch den Exzellenzcluster, der auch individuelle Feldforschungen und Projekte der Studierenden unterstützt. Überdies profitiere sie von den interessanten Veranstaltungen und Vortragsreihen, sowie einer jährlichen Gastprofessur, sagt Hirscher.
IACM-Partneruniversitäten
Leiden (Niederlande)
Pretoria (Südafrika)
Stockholm (Schweden)
Tel Aviv (Israel)
Waterloo (Kanada)
Science Po Paris (Frankreich)
National University of Singapur
Double-Degree-Optionen
Universität Göteborg (Schweden)
North Carolina (USA)
Nottingham (Großbritannien)
Prag (Tschechien)
Rutgers (USA)
Warwick (Großbritannien)
Die Studentin schätzt die internationale Atmosphäre des Studiengangs: „Die Seminare werden auf Englisch gehalten und viele Kommilitonen kommen aus dem Ausland. Das macht die Diskussionen in den Seminaren noch interessanter.“ Im Rahmen des Programms können die Studierenden ein Semester an einer Partneruniversität verbringen. Zudem gibt es die Option eines Double Degrees: ein Jahr in Konstanz und ein Jahr an der entsprechenden Universität im Ausland.
Nach ihrem Abschluss streben die Studierenden entweder eine wissenschaftliche Karriere an oder bewerben sich bei Institutionen wie den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, oder bei Nichtregierungs- bzw. Entwicklungshilfeorganisationen.
Der Blick von außen
Ähnliche Optionen stehen den Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Kulturelle Grundlagen Europas offen. Ferdinand Kiesel und Friedrich Cain haben sich nach ihrem Studium für einen ersten Schritt in Richtung Wissenschaft entschieden, sie promovieren heute beide am Exzellenzcluster. Dabei hatte Ferdinand Kiesel nach seinem Bachelor in Deutscher Literatur an der Universität Konstanz zunächst Lust auf etwas anderes. „Dann habe ich mir das Programm Kulturelle Grundlagen Europas genauer angeschaut und fand die Aussicht, ins Ausland gehen zu können, sehr verlockend“, sagt Kiesel. Das dritte Semester verbringen die Studierenden an einem von sieben Standorten im außereuropäischen Ausland. Kiesel war in Südafrika. Dort legte er die Basis für seine Promotion, an der er am Doktorandenkolleg Europa in der globalisierten Welt.
Der Blick von außen auf Europa während des Auslandssemesters unterscheide den Studiengang von vielen anderen Europa-Studiengängen, sagt Hannes Brandt, der Koordinator des Studiengangs. „Europa ist nur in Beziehung mit anderen Kontinenten zu denken. Dem wird hier Rechnung getragen.“ Brandt – selbst Absolvent des Studienganges – ist heute verantwortlich für dessen Organisation und die engen Kooperationen mit den Partner-Universitäten. Letztere befinden sich in Argentinien, China, Indien, Südafrika, der Türkei und den USA.
Die Studierenden sollen sich wissenschaftlich mit Europa auseinandersetzen und Fragen nach der Geschichte, den Konflikten, religiösen Prägungen, Migrationsbewegungen und Institutionen des Konstrukts Europa nachgehen.
Disziplinäre Vielfalt, enger Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden
Ein wesentliches Merkmal des Europa-Studiengangs ist die interdisziplinäre Ausrichtung. Das schätzt auch Friedrich Cain. „Man hat nicht nur mit seinem eigenen Fach zu tun, sondern mit vielen verschiedenen Disziplinen. Das zeigt sich auch räumlich. Im Gebäude des Exzellenzclusters kommt man jeden Tag mit interdisziplinären Zusammenhängen in Berührung“, sagt Cain. Um Orientierung in dieser Vielfalt zu schaffen, führen die Studierenden einmal im Semester ein Mentorengespräch. Die Mentorinnen und Mentoren kommen aus den unterschiedlichen Vertiefungsbereichen. Mit ihnen können eigene Projekte und methodische Zugänge besprochen sowie Studienabläufe geplant werden.
„Das Besondere am Exzellenzcluster ist, dass die Forschung einen Output in die Lehre bekommt, zum Beispiel durch den Studiengang Kulturelle Grundlagen Europas oder durch die Veranstaltungen des Clusters“, sagt Kiesel. Er gibt dieses Semester sein erstes Seminar, angelehnt an das Thema seiner Promotion. „Ich freue mich, ein Stück von dem, was ich hier gelernt habe, zurückgeben zu können“.
Der enge Kontakt zwischen Lehrenden und Studierenden sei ein besonderes Merkmal des Studiengangs, sagt Hannes Brandt, was unter anderem an den kleinen Gruppen liege. Jedes Jahr werden maximal 20 Studierende angenommen. „Für den Erfahrungs- und Informationsaustausch innerhalb des Studiengangs ist unsere Klausurtagung in Nonnenhorn zentral“, sagt Brandt.
„Einmal im Jahr treffen sich dort, sehr schön am See gelegen, die Studierenden, die gerade aus dem Ausland zurückkommen, die neu Eingeschriebenen sowie Alumni, die bereits aus ihrem Berufsleben berichten und wertvolle Tipps geben können.“
Da der Studiengang forschungsorientiert ist, strebten pro Jahrgang drei bis fünf Studierende eine Promotion an, so Brandt. Die anderen Absolventen arbeiteten bei Verlagen, Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen, im Journalismus, aber auch in der Wirtschaft.
Die Exzellenzinitiative des Bundes läuft 2017 aus und damit endet auch der Exzellenzcluster Kulturelle Grundlagen von Integration. Das Fortbestehen der Studiengänge ist dennoch gesichert. „Das ist gut und auch wichtig, um eine Nachhaltigkeit zu erzeugen“, sagt Hannes Brandt.
Weitere Informationen
über den MA-Studiengang Kulturelle Grundlagen Europas
über das MA-Programm International Administration and Conflict Management (IACM)
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